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Licht

Frühgeborene sind deutlich sensibler im Bezug auf Lichtverhältnisse als das neonatologische Team oder die auf Station anwesenden Eltern. Insbesondere die noch unreife Netzhaut im Auge ist sehr anfällig für Lichtstrahlen. Für besonders kleine Frühgeborene konnte bisher kein nachweislicher Nutzen durch die Konfrontation mit Licht nachgewiesen werden. Nach der 28. SSW gibt es wissenschaftliche Anzeichen dafür, dass die Kinder in Maßen potenziell davon profitieren.

Das Pflegeteam hingegen benötigt ausreichend Licht für die Versorgung der Kinder mit Medikamenten und für das eigene körperliche und geistige Wohlbefinden. Auch invasive Eingriffe am Kind erfordern spezielle Lichtverhältnisse. Aufgrund dessen muss das Lichtkonzept einer Station möglichst flexibel gestaltet werden, um allen Anforderungen gerecht werden zu können. 

Im Idealfall haben sowohl Eltern (nach einer entsprechenden Einweisung) als auch das neonatologische Team Zugriff auf die individuelle Lichtsteuerung. Ein Hauptschalter sorgt zudem für die Möglichkeit, sämtliche Lichter im Raum umgehend ausschalten zu können, falls die Situation dies erfordert. 

Damit hat die Lichtgestaltung auf der neonatologischen Station eine besondere Bedeutung. Negative Auswirkungen auf die kleinen Patienten sollten unbedingt vermieden werden. Das erfordert möglichst konkrete Vorüberlegungen bei der Planung. 

Auswirkungen auf die Kinder

Frühgeborene sind auf der neonatologischen Intensivstation faktisch vielen, unterschiedlich intensiven, Lichtquellen ausgesetzt. Die durchschnittlichen Beleuchtungsstärken einer Intensivstation ergeben einen Wert von 646-968 lux. Spitzenwerte wurden in Verbindung mit Wärmelampen, Phototherapielampen und Betten in unmittelbarer Nähe von Fenstern gemessen. Diese Spitzenwerte reichen von 2152–10760 lux. Die empfohlenen Werte sind deutlich geringer. Insbesondere der plötzliche Lichtanstieg ist für Frühgeborene ein Stressfaktor. Studien zeigen, dass die Kinder eine Minute nach dem unvorbereiteten Einfall von sehr grellem Licht mit starken Sauerstoffsättigungsabfällen reagieren. Zudem wurde festgestellt, dass grelles, helles Licht den Tag-Nacht-Rhythmus der Kinder stark beeinflusst und zu negativen Folgen auf die Herzfrequenz, den Wachzustand, zu Blutdruckschwankungen und unregelmäßiger Zunahme des Körpergewichtes führen kann. Auch Netzhautschäden und Frühgeborenretinopathien bei den kleinen Patienten können dadurch begünstigt werden.

 

Empfohlene Vorgaben

Nach den in den Recommended Standards for Newborn ICU Design genannten Empfehlungen sollte die normale Beleuchtung der Station variabel zwischen 10 und maximal 600 lux regulierbar sein. Natürliches und künstliches Licht sollte so steuerbar sein, dass eine schnelle Verdunklung des Behandlungsplatzes möglich ist, um bspw. Transilluminationsverfahren optimal einsetzen zu können.

  • Farbwiedergabeindex (color rendering index = CRI): nicht weniger als 80
  • Farbsättigungsindex (garmut area index = GAI): nicht weniger als 80 und nicht mehr als 100
  • Leuchtkörper sollten so neutral beschaffen sein, dass sie den Farbwiedergabewert der Lichtquelle nicht verfälschen
  • unnötige UV- oder Infrarot-Strahlung ist zu vermeiden (Verwendung angemessener Lampen, Linsen, Filter)
  • punktuelles Eingriffs- und Untersuchungslicht an jedem Behandlungspatz sollte bis zu 2000 lux leisten und scharf begrenzt sein (nicht mehr als 2 Prozent Streuung), es sollte individuell regulierbar sein. Damit kann die maximale Stärke auf tatsächlich notwendige Situationen beschränkt werden.

Patientenzimmer

  • die Augen des Kindes sollten nur indirektem Licht ausgesetzt sein
  • Abdecken der Bettchen und Inkubatoren mit lichtundurchlässigen Materialen
  • Tagsüber gedämmtes Licht und nachts ausgeschaltetes Licht, um den Tag-Nacht-Rhythmus des Frühgeborenen zu fördern.
  • Schutz des Kindes bei Phototherapie (Eyepatches/Lichtschutzbrille)
  • Schutz des Nachbarkindes bei Phototherapie
  • keine Dauerbeleuchtung durch Deckenlicht in den Zimmern
  • automatisch gesteuerte Jalousien in jedem Patientenzimmer (Helligkeitssensoren kontrollieren die Einhaltung der Grenzwerte zwischen 10 und max. 600 Lux) 
  • Schutz der Augen des Kindes vor abruptem Lichteinfall bei Pflegehandlungen
  • Isolierglasfenster in Patientenzimmern
  • Tageslicht ist grundsätzlich erwünscht, da es für die Hautentwicklung der Kinder wichtig ist
  • Lichteinfall und künstliche Beleuchtung folgen einem circardianen Rhythmus (24h-Rhythmus/"Innere Uhr")
  • fotozellen-gesteuerte automatisierte Verdunkelung bei zu starkem Lichteinfall
  • Oberlichter

Das Hautkolorit des Kindes

Die Beurteilung der Hautfarbe des Kindes ist ein wichtiges Kriterium, das Rückschlüsse auf seinen gesundheitlichen Zustand erlaubt. Lichtquellen, die dem empfohlenen CRI und GAI entsprechen, unterstützen das unverfälschte Erkennen der Hautfarbe des Kindes. Sie sollten möglichst blend- und reflektionsfrei sein. Auch bei der Farbauswahl von Vorhängen zum Verdunkeln der Räumlichkeiten ist darauf zu achten, dass diese nicht das Hautkolorit des Kindes verfälscht. Sie sollten zudem möglichst geräuschlos zu bedienen und leicht zu reinigen sein.

Eingriffslicht

  • Spezielle Arbeitsleuchte mit scharf abgegrenztem, focussiertem Lichtstrahl an jedem Behandlungsplatz (Mindestabstand von 60 cm zum Inkubator beachten, sonst droht Aufhitzung!)
  • Beleuchtung sollte stufenlos regelbar sein (Dimmer)
  • Beleuchtung sollte an Wand oder Decke befestigt werden (Gelenkarm ermöglicht flexible Positionierung)
  • Einsatz nur im Bedarfsfall
  • Schutz des Nachbarkindes

Andere Stationsbereiche

Bei der Beleuchtungssituation außerhalb der Patientenzone ist auf die besonderen Anforderungen des jeweiligen Bereichs zu achten. Insbesondere sensible Bereiche wie Zonen zum Vorbereiten der Medikamente, zum Händewaschen und Desinfizieren sind entsprechend gut beleuchtet auszustatten. In Überschneidungsbereichen mit der Patientenzone sollte die Ausstattung so geplant werden, dass spezielle Leuchtkörper dem individuellen Bedarf der Mitarbeiter gerecht werden, ohne schlafende Kinder unverhältnismäßig zu belasten. In jedem Fall muss darauf geachtet werden, dass die Kinder von dieser intensiven Beleuchtung nicht unmittelbar geblendet werden.

Tageslicht

Fenster erfüllen eine wichtige psychologische Aufgabe für die Mitarbeiter und die Familien auf der neonatologischen Station. Tageslicht ist die optimale Beleuchtung für nahezu alle Bereiche, in denen die neonatologischen Teams arbeiten und sich aufhalten. Das gilt auch für die Beurteilung des Hautkolorits der kleinen Patienten. Dennoch kann die Positionierung des Behandlungsplatzes in unmittelbarer Nähe zu einem Fenster Probleme verursachen, wenn die Kinder direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Natürliches Tageslicht sollte trotzdem im Patientenbereich sichtbar sein. Das kann unmittelbar über Außenfenster, Oberlichter oder mittelbar über mit dem Patientenzimmer verbundene andere Tageslichträume gewährleistet werden. Tageslichtfenster sollten entsprechend isoliert sein, um Wärmegewinn bzw. -verlust zu minimieren. Der Abstand zwischen Fenster und Inkubator/Wärmebett sollte mindestens 60 cm betragen, um die kleinen Patienten ausreichend vor Wärmentwicklung zu schützen. Alle Fenster sind mit Verdunklungssystemen auszustatten, die möglichst neutrale Farben haben sollten, um die natürlichen Lichtverhältnisse nicht nachteilig zu beeinflussen. Bei der Planung von Fenstern ist zu beachten, dass weder die Kinder, noch Infusionen oder Monitore der unmittelbaren Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. 

Literatur

  • Extrauterine Umgebungsgestaltung für Frühgeborene; Gharavi, K.; Saladin, Ch.; Kinderkrankenschwester 25 (2006), Nr. 11, 474-481. 
  • Light and magnetic fields in a neonatal intensive care unit; Bullough JD et al.; Bioelectromagnetics 1996; 17: 396-405. 
  • Lighting for neonatal intensive care units: Some critical information for design; Bullough JD, Rea MS; Lighting Research and Technology 1996; 28: 189-198. 
  • The effects of bright light on day and night shift nurses' performance and well-being in the NICU; Figueiro MG et al.; Neonatal Intensive Care 2001; 14: 29-32. 
  • Circadian and sleep development in preterm infants occurs independently from the influences of environmental lighting; Mirmiran M, Baldwin RB, Ariagno RL; Pediatr Res. 2003 Jun;53(6):933-8. Epub 2003 Mar 05. 
  • Emergence and influences of circadian rhythmicity in infants; Rivkees SA.; Clin Perinatol. 2004 Jun;31(2):217-28
  • Recommended Practice for Lighting for Hospitals and Health Care Facilities, RP-29-08; New York: Illuminating Engineering Societiy of North America, 2006 
  • Optimierung von Tageslicht und künstlicher Beleuchtung - Überblick und Anwendung zu den VDI-6011 Richtlinienblättern 1 - 3;  Sick, Friedrich; VDI, Licht in all seinen Facetten, S. 9-19, VDI, Düsseldorf, 2005, ISSN 0083-5560
   

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